Humanismus und Reformation

An der Schwelle zum deutschen Frühhumanismus steht der um 1401 entstandene und erstmals um 1460 in Bamberg im Druck erschienene Ackermann aus Böhmen des böhmischen Notars, Stadtschreibers und Schulleiters Johannes aus Tepl (Saaz) (1350-1414). Das in Frühneuhochdeutsch verfasste Werk thematisiert erstmals in der mittelalterlichen Literatur in einem Streitgespräch die Auflehnung des Menschen gegen den Tod und kritisiert damit Gottes Allmacht. Für den fränkischen Frühhumanismus spielt auch der aus altem fränkischen Adel stammende Humanist Albrecht von Eyb (1420-1475), Domherr zu Eichstätt und Bamberg, mit seinem "Ehebüchlein" eine bedeutsame Rolle. Geprägt vom Vorbild Italiens sind in dem Ehebüchlein zahlreiche berühmte Humanistennovellen eingewoben. Die hier vorliegende Papierhandschrift aus dem Besitz des Nürnberger Arztes und Humanisten Hartmann Schedels (1440-1514) enthält Versbearbeitungen aus dem Ehebüchlein sowie dem ebenfalls von Eyb stammenden Spiegel der Sitten. Von Schedel selbst rührt "Das Buch der Croniken und geschichten" her, eine Weltchronik in der Tradition spätmittelalterlicher Weltgeschichtsschreibung nach dem Vorbild antiker Autoren, der Kirchenväter und humanistischen Historiografen: Mit über 2000 Bildern von 652 Holzstöcken stellt sie als größte illustrierte Inkunabel eine wahre Glanzleistung dar.

Für das dem Humanismus gegenüber sehr aufgeschlossene Nürnberg ist ebenfalls Conrad Celtis (1459-1508) zu nennen, als erster Deutscher von Kaiser Friedrich III. (1415-1493) auf der Nürnberger Burg zum "poeta laureatus" ernannt. Celtis gehört seit 1491 zum geistigen Zentrum eines Nürnberger Humanistenkreises und überragt dichterisch durch sein Kaiser Maximilian I. (1459-1519) gewidmetes lyrisches Hauptwerk, den "Quatuor libri Amorum". Als humanistisches Geschichtswerk für die Stadt hinterlässt er zudem die 1502 gedruckten Norimberga, einzig erhaltener Teil eines geplanten geographisch-historischen Universalwerks nach italienischem Vorbild. Der aus dem niederbayerischen Abensberg stammende Schüler von Celtis, Johannes Turmair, genannt Aventin (1477-1534), kann freilich als der eigentliche Vater der bayerischen Geschichtsschreibung gelten. Seine 1517 begonnenen "Annales ducum Boiariae", 1533 unter dem volkstümlichen Titel "Bayerische Chronik" abgeschlossen, sind nicht nur eindringlich-prägnant geschrieben, sondern auch ethnologisch heute noch lesenswert. Eine andere wichtige Gestalt ist der Nürnberger Humanist Willibald Pirckheimer (1470-1532). Seine Bedeutung liegt vor allem in der Erschließung der griechischen Klassiker-Literatur sowie der frühen Kirchenschriftsteller. Mit seiner "Elegia in obitum Alberti Dureri" auf den verstorbenen Freund Albrecht Dürer (1471-1528) tritt er selbst als lateinischer Stilist hervor.

Der Humanismus konzentriert sich allerdings nicht nur in Nürnberg, sondern fasst um die Mitte des 15. Jahrhunderts gleichfalls in Augsburg und Ostschwaben Fuß; mit der 1472 gegründeten Universität Ingolstadt und der 1516 dort von Aventin ins Leben gerufenen literarischen Gelehrtengesellschaft findet er schließlich in Altbayern seine Heimat. Davon unberührt bleibt genauso wenig die Reformation, auch wenn diese literaturgeschichtlich nüchterner für Bayern zu bewerten ist.

Der Philosoph, Humanist und Theologe Philipp Melanchthon (1497-1560), neben Martin Luther treibende Kraft der deutschen und europäischen Kirchenreformation, berichtet diesem in einem eigenhändigen lateinischen Brief von der schwierigen Lage der Glaubensgenossen beim Reichstag in Augsburg 1530. Eine scharfe Feder gegen die Kirche führt auch der fränkische Reichsritter Ulrich von Hutten (1488-1523) in seinen lateinischen und deutschen Streitschriften, deren bekannteste das "Gesprächbüchlein" von 1521 ist. Und einer der bedeutendsten lateinischen Elegiker des Humanismus, der in Niederzell bei Schlüchtern geborene und bis nach Würzburg wirkende Petrus Lotichius Secundus (1528-1560), bezieht als Dichter sowie als Abt eines zum protestantischen Glauben übergetretenen Klosters reformatorisch Stellung.