Keramische Werkstatt Stüdemann (1939-1970)

Unter den ehemaligen Thurnauer Töpfereien nimmt die Keramische Werkstatt Stüdemann eine Sonderstellung ein. Günther Stüdemann, 1890 in Berlin geboren, besuchte zunächst die Landes-Kunstschule Hamburg, war danach Schüler von Martin Brandenburg in Berlin und Mitglied der Sezessionen Berlin und München. Als Maler ging er nach Italien, begeisterte sich dort für die Keramik und gründete 1925 in Vietri sul Mare bei Salerno seine erste Werkstatt, die "Fontana Limite". Nach weiteren Aufenthalten in Esplugas/Spanien und Velten b. Berlin kommt Stüdemann 1939 als Mitarbeiter des Deutschen Heimatwerkes Berlin mit der Thurnauer Keramik in Kontakt und beschließt nach Thurnau zu ziehen. Zunächst arbeitet er in der Töpferei Renner mit, 1940 pachtet er die stillgelegte Töpferei Pittroff und gründet die Keramische Werkstatt Stüdemann. Hier experimentiert er mit verschiedenen Glasurzusammensetzungen und Brennarten und nähert sich dem Handwerk von der künstlerischen Seite. Trotz der kriegsbedingt schweren Zeiten gelingt es ihm die darniederliegende Thurnauer Töpferei durch neue Dekorformen und eine erweiterte Produktpalette neu zu beleben.

Eine wesentliche Neuerung bildete die Fayencemalerei, die Stüdemann autodidaktisch in Italien erlernte. Hierbei werden Metalloxide mit dem Pinsel auf eine weißdeckende Zinnglasur aufgetragen. Im Gegensatz zur bisher in Thurnau praktizierten Schlickermalerei war es nun möglich die Objekte mit einer sehr feinen, künstlerischen Bemalung zu dekorieren. Künstlerpersönlichkeiten wie Richard Dölker, Irene Kowaliska, Margarete Thewalt Hannasch oder Marianne Amos, die zeitgleich mit Stüdemann in Italien leben und arbeiten, und die farbenfrohe italienische Keramik beeinflussen Stüdemann nachhaltig. Bereits in Italien hat er großen Erfolg mit seinen Arbeiten und wird in die Dauerausstellung des Museo Internazionale delle Ceramiche di Fienza aufgenommen. Stüdemann entwickelt sich stetig weiter. In Thurnau beginnt er mit Laufglasuren, Glasschmelz- und Sgraffitotechniken zu arbeiten und führt Reduktionsbrände durch. Stets ist es das Einzelstück, das ihn fasziniert.

Aus seinen Erfahrungen in Italien und Spanien heraus bemüht sich Stüdemann, das Heranbilden von Lehrlingen in Thurnau neu zu beleben. Unter Mithilfe des Freidrehers Konrad Linz werden fast 30 Lehrlinge ausgebildet und vier Meisterprüfungen abgelegt. Unter ihnen Eveline Maria Schnauder, die als erste Frau Thurnaus die Meisterprüfung im Töpferhandwerk ablegt.

Zusammen mit ihrer Sammlung Thurnauer Töpferwaren überlässt das Ehepaar Günther und Luise Stüdemann zahlreiche in der eigenen Werkstatt produzierte Objekte der Gemeinde Thurnau als Grundstock des 1982 eröffneten Töpfermuseums.

Die anderen Teilsammlungen zu "Thurnauer Töpfertradition" in bavarikon

>> Dieser Bestand ist ein Teil der Sammlung "Thurnauer Töpfertradition" des Töpfermuseums Thurnau.