Koptisches Relieffries

Staatliches Museum Ägyptischer Kunst München

Beschreibung

Der Fries besteht aus vier unterschiedlich großen Einzelplatten, über deren ursprüngliche Abfolge nichts bekannt ist, die jedoch aus einem gemeinsamen Kontext stammen. Die beiden größeren Platten sind symmetrisch aufgebaut: Jeweils am äußeren Bildrand stehen zwei Männer mit erhobenen Armen in einer halbrunden Nische, den rechten Fuß leicht erhoben, wodurch der Eindruck einer nach oben strebenden schwerelosen Haltung entsteht. Zusammen mit der Armhaltung ist dies wohl als Auferstehungsgestus zu deuten. Die beiden Schafe unter Akanthus-Sträuchern könnten eine Anspielung auf die in der Johannes-Offenbarung geschilderten Gefilde der Seligen sein. Eine dritte, schmälere Platte zeigt einen Adler mit ausgebreiteten Schwingen, im Schnabel einen Öl-(?)Zweig, in den Klauen einen Lorbeerkranz und um den Hals eine Bulla tragend. Die vierte Platte schließlich könnte ursprünglich das Zentrum des gesamten, vielleicht noch längeren Frieses gebildet haben: Hinter einer Gitter-Balustrade steht ein Mann, in eine Toga gekleidet und in beiden Händen ein Henkelkreuz mit langem Stiel haltend, abgeleitet von der altägyptischen Hieroglyphe Anch, dem Lebenszeichen. Das Motiv eines Mannes hinter der Balustrade stammt, ebenso wie der Adler, aus der kaiserlichen Ikonographie der spätrömischen Kaiserzeit, die verschiedene Motive für die allmählich entstehende Kunst des frühen Christentums geliefert hat. Mit aller Vorsicht wäre dann in der Figur Christus zu erkennen, der seinen Anhängern das (ewige) Leben verheißt. Nach Ausweis der Gesteinsanalyse stammt das Material für den Fries aus einem Steinbruch nahe Deir Abu Hennis, einem Ort in Mittelägypten südlich von Scheich Abade, der auch heute noch weitgehend koptisch ist und über mehrere frühchristliche Kirchen und Felsgräber verfügt. Der Fries könnte Teil der Ausstattung einer (heute nicht mehr existierenden) Kirche gewesen sein – koptische Kirchen weisen häufig schmale Vertiefungen hoch in der Wand auf, in die dann Reliefplatten eingesetzt wurden.