Hedwigsbecher, 12. Jahrhundert (Kunstsammlungen der Veste Coburg, a.S.00652)

Das 10,3 cm hohe Hedwigsglas aus farblosem, leicht rauchtopasstichigem Glas wurde in der Gravurtechnik des Hochschnitts verziert. Es ist eines von insgesamt 14 bekannten Hedwigsgläsern – die einzigen durch Schnitt verzierten Gläser, die im Mittelalter in Mitteleuropa vorkamen. Die genaue Herkunft ist unklar, wahrscheinlich wurden sie im Nahen Osten oder während der normannischen Herrschaft auf Sizilien im 12. Jahrhundert gefertigt. Ihr Name geht auf eine Legende über die Hl. Hedwig (1174-1243), Herzogin von Schlesien, zurück, in deren Besitz Gläser dieser Machart waren. In einem der Gläser soll sich Wasser in Wein verwandelt haben.

Der hier gezeigte Hedwigsbecher soll aus dem Besitz der Hl. Elisabeth von Thüringen (1207-1231), einer Nichte der Hl. Hedwig, stammen. Diese Elisabeth-Reliquie wurde im 15. Jahrhundert an schwangere Frauen verliehen, da sie gefahrlose und leichte Entbindungen bewirken sollte.

Dieses Hedwigsglas war Teil der Reliquiensammlung von Kurfürst Friedrich dem Weisen (1463-1525, Kurfürst 1486-1525); es ist aufgrund einer Zeichnung von Lucas Cranach dem Älteren (1472-1553) von 1507 eindeutig zu identifizieren. Der Wittenberger Reliquienschatz umfasste 1520 knapp 20.000 Reliquien.

Nach der Auflösung dieser Sammlung gelangte der Hedwigsbecher wahrscheinlich als Geschenk in den Besitz Martin Luthers, wo er 1541 nachweisbar ist. Aus diesem Jahr berichtet der Pfarrer Johannes Mathesius (1504-1565), dass Luther bei Tisch einen Trunk herumreichte, den er in „ein kristallinen“ Glas, „das einst Sanct Elisabeth sollt gewesen sein“, eingeschenkt hatte.

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