Anna Croissant-Rust

Anna Croissant-Rust (1860-1943) wird als jüngstes von sechs Kindern eines Salineninspektors im bayerisch-pfälzischen Bad Dürkheim geboren. Infolge der beruflichen Versetzung ihres Vaters übersiedelt sie 1868 nach Amberg. Nach dessen Tod 1884 zieht sie nach München und arbeitet als Sprach- und Musiklehrerin, daneben knüpft sie Kontakte zur Schwabinger Bohème.

Als erste und einzige Frau wird sie Mitglied der von Michael Georg Conrad (1846-1927) 1890 gegründeten "Gesellschaft für modernes Leben", wodurch sie Zugang zu und Publikationsmöglichkeiten in Zeitschriften wie "Die Gesellschaft", "Die Insel", "Moderne Blätter" und "Moderner Musenalmanach" erhält, darüber hinaus zum Verlag Georg Müller (gegr. 1903).

Ihr literarisches Debüt beginnt Croissant-Rust 1890 mit der Münchner Arbeiter-Novelle Feierabend und dem Novellen- und Skizzenbuch Lebensstücke. Es folgen Gedichte in Prosa, Der Kakadu und Prinzessin auf der Erbse. Zwei Novellen (1896) sowie die beiden Theaterstücke Der standhafte Zinnsoldat und Der Bua (1897).

Seit 1888 verheiratet, zieht Croissant-Rust wegen der beruflichen Karriere ihres Mannes nach Ludwigshafen (1895). Erst 1904 kehrt sie nach München zurück, wo sie schnell einen Künstlerkreis um sich bildet, darunter Otto Julius Bierbaum (1865-1910), Hans Brandenburg (1885-1968) und Waldemar Bonsels (1880-1952). Währenddessen publiziert sie eine Reihe Werke: den Volks-Roman Die Nann (1906), die in Amberg spielende Kleinstadtgeschichte Winkelquartett (1908), Felsenbrunner Hof. Eine Gutsgeschichte (1910) sowie den Novellenband Arche Noah (1911). Neben München und Amberg werden die Rheinpfalz und Tiroler Gebirgsdörfer zu anschaulichen Heimatlandschaften ihrer bunten Charakterbildnisse.

Erscheint ihr Frühwerk noch sehr von den Naturalisten geprägt, zeichnet sich ihr Spätwerk durch eine besondere Stilentwicklung aus, die vom Jugendstil der Jahrhundertwende bis zu vorexpressionistischen Ansätzen reicht. Ihr 1914 erschienener illustrierter Totentanz von 17 Bildern Der Tod markiert diesen Übergang: Sozial Deklassierte, märchenhafte Fantasiegestalten sowie die verschiedenen Variationen des Todes sind allesamt mit expressionistischem Furor dargestellt, die Sprache wirkt metaphorisch aufgeladen und vermenschlicht.

Nach dem am Rhein spielenden Kleinstadtroman Unkebunk (1917) wird es still um die Dichterin. Im Alter von 82 Jahren stirbt sie in München-Pasing.