Musikdrama Phasma Dionysiacum Pragense

Deutsches Theatermuseum

Beschreibung

Die älteste bisher bekannte musikdramatische Aufführung am Kaiserhof fand am 5. Februar 1617 in Prag statt, wo sich der österreichische Kaiser und König von Böhmen Matthias mit seiner Frau Anna aufhielt. Die dreitägigen Karnevalsfeierlichkeiten wurden mit dem Musikdrama Phasma Dionysiacum Pragense eröffnet. Nach den neuesten technischen Errungenschaften der italienischen Szenographen wurde eine Bühne in der Landstube im Prager Königsschloss aufgebaut, die mit Flug- und Schwebeeinrichtungen ausgestattet war. Die Idee und das Libretto für dieses Werk lieferte wohl Graf Giovanni Vincenzo d’Arco. Neben dem Einzelblatt mit einer Bühnendekoration, das im in der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart befindlichen Libretto eingebunden ist, konnte die Forschung bisher drei weitere Versionen dieses Stichs identifizieren. Während auf allen Blättern drei aufklappbare Teile montiert sind, welche insgesamt vier verschiedene Bühnenansichten und -verwandlungsmomente mithilfe der Theatermaschinerie veranschaulichen, unterscheiden sich die Exemplare neben kleinen Details vor allem durch die Anordnung und Größe der die Mitwirkenden identifizierenden Buchstaben. Auch ist einem Exemplar eine „Kurtze Beschreibung der Mascaraden so in Anno 1617 der Röm. Keys. Majest. zu Prag [...]“ betitelte zusätzliche deutschsprachige Erklärung angehängt, während ein weiteres Blatt in englischem Privatbesitz zeigt, wie sich die Tänzer zu den Initialen der Namen des Kaiserpaars M und A formieren. Der Aufbau des Kupferstichs aus dem Deutschen Theatermuseum ist dem des Stuttgarter Librettos sehr ähnlich: Bei geschlossenen Klappen zeigt das hochformatige, hinsichtlich der Veranschaulichung einer ganzen Folge von Verwandlungsvorgängen außergewöhnliche Blatt die verschiedenen Handlungsbühnen. Die vordere Tanzbühne wird nach hinten von einem kleinen Podium begrenzt, das durch zwei einander gegenüberliegende, zum Saalniveau vermittelnde Treppenläufe unterbrochen wird. Darüber setzt der eigentliche Bühnenbereich an. Rahmende Kulissen, die teilweise von Wolken verhüllte Felsen zeigen, bilden den Proszeniumsrahmen. Anstelle eines Bühnenvorhangs ist hier eine bogenförmige Klappe montiert, die einen Wolkenhimmel zeigt. In dessen Mitte schwebt leichtfüßig auf einer Wolkenmaschine Merkur, der laut Libretto blitzartig zum Boden hinabfährt, um dem Kaiserpaar jene Helden der Antike anzukündigen, die dem Herrscherpaar ihre Reverenz erweisen wollen. Klappt man dieses große „Wolkenblatt“ zurück, so öffnet sich der Blick auf den Bühnenraum mit seitlichen Baum- und Felskulissen. In einer langen Reihe sitzen in diesen elysischen Gefilden rechts und links die berühmtesten Monarchen und Königinnen, an die sich je vier der berühmtesten Dichter und Schriftsteller der Antike anschließen. Laut Libretto begaben sich die Königinnen und Heroen über die Treppen ins Parkett und huldigten mit ihrem Gesang und darüber hinaus auch - das Blatt zeigt es - in einer symmetrischen Paartanzformation dem Kaiserpaar. Alle Tänzer können durch die ihnen beigefügten Buchstaben in der darunter stehenden Legende als böhmische Adelige identifiziert werden. Unter Blitz und Donner soll Amor, der hier auf einem applizierten, kreisförmigen und aufklappbaren Blatt dargestellt ist, mittels einer Theatermaschine in Form einer Wolke herabgestiegen sein, um in einem langen Solo das Ballett anzukündigen. Klappt man die Papier-Applikation mit der Wolkenmaschine Amors zurück, erscheint die Darstellung der in einer Gloriole auf einer Wolke sitzenden Personifikation der Ehre der Casa de Austria, die das Geschlecht der Habsburger pries. Über dem „Amor-Blatt“ befindet sich im Wolkenhimmel ein weiteres, kleinformatiges, kreisförmig aufmontiertes Blättchen, auf dem in Punktmanier – einen pyrotechnischen Effekt suggerierend - die Kaiserkrone prangt, unterhalb derer die Initialen des Monarchenpaares „A“ und „M“ in einem Ornament verbunden über allem geleuchtet zu haben scheinen.

Autor

MM/sdp

Rechtehinweis Beschreibung

RR-F