Kugelbohrer

Deutsches Medizinhistorisches Museum

Beschreibung

Die Einführung von Schwarzpulver im 14. Jahrhundert und die rasche Entwicklung mobiler Waffen mit kleinerem Kaliber stellte die Wundärzte und Feldscherer vor ein bislang unbekanntes Problem: Im Körper der Verwundeten steckten nun nicht nur Pfeile, sondern tief eingedrungene, metallene Projektile. Hans von Gersdorff, Autor des 1517 in Straßburg erschienenen "Feldbuch der Wundartzney", sah das recht gelassen. Die Kugeln oder "Büchsen-Klötze" müssten genauso aus der Wund entfernt werden wie bislang die Pfeile. Dafür sei kein eigenes Kapitel in seinem Buch nötig, sondern lediglich einige speziell dafür angefertigte Instrumente, deren Gestalt er auf Holzschnitten erläuterte: ein Spreizer ("Loucher") zur Erweiterung des Schusskanals, eine gerade und eine gebogene Kugelfasszange ("Klotz Zang" bzw. "Schlang"), ein Kugellöffel – und ein "scharpff börerlin do mit man die klötz ußschrubet".

Der Kugelbohrer aus der Museumssammlung sieht ganz ähnlich aus wie der bei Gersdorff abgebildete, verfügt aber zusätzlich über eine rohrförmige Scheide, in die der Bohrer beim Sondieren des Schusskanales zurückgezogen werden konnte, um das Gewebe nicht zu verletzen. Sobald der Wundarzt auf den metallischen Widerstand der feststeckenden Bleikugel traf, drehte er den Bohrer mit seiner Gewindespitze in das Metall hinein und zog die Kugel anschließend vorsichtig aus dem Schusskanal heraus.

Autor

Marion Maria Ruisinger