Briefe von Paul Heyse an Theodor Fontane

Die Korrespondenz zwischen "Krokodil"-Dichter Paul Heyse (1830-1914) und Theodor Fontane (1819-1898), Vertreter des poetischen Realismus in Deutschland ("Effi Briest", "Der Stechlin"), dokumentiert eine Beziehung, die man nicht vorbehaltslos als freundschaftlich bezeichnen kann: Während Heyse einen luxuriösen Lebensstandard pflegte und bereits als 30-Jähriger den literarischen Markt beherrschte, war Fontane ständig von Existenzsorgen bedroht und fand erst spät, mit 60, seine eigentliche Berufung als Autor. Heyses literarisches Schaffen wurde nicht aus dem Leben, sondern aus der Literatur gespeist und demonstrierte ein geschichtsloses Weltbild; Fontane war als Journalist an den politischen Vorgängen seiner Zeit interessiert und entwickelte eine moderne Form des Zeitromans.

Zu Beginn der Korrespondenz versuchte Heyse, einen Verleger für Fontanes Gedichte zu finden. Briefe aus dem Jahr 1897 zeigen aber, dass er dessen Altersprosa entschieden ablehnte. Zwischenzeitlich bemühte sich Heyse, Fontane nach München zu holen, um ihn als Balladendichter für den bayerischen Hof zu gewinnen. Eine Berufung als "Preuße" erschien allerdings wegen des italienischen Einigungskrieges 1859 nicht durchsetzbar und auch der Versuch, die Stelle als königlicher Privatbibliothekar zu übernehmen, scheiterte. Persönlich konnte Fontane jedoch allmählich die Anerkennung in der Münchener Gesellschaft erringen: Am 10. März 1859 wurde er als vortragender Gast bei den "Krokodilen" gefeiert, ein paar Tage später las Heyse bei einem Symposium des Königs unter allgemeinem Beifall Werke von ihm vor.

Trotz weiterer Symposien, bei denen Fontane eingeladen war, blieb seine Übersiedlung nach München aus. Dass er den Münchener Boden eher kritisch sah, belegt auch sein Kommentar gegenüber seinem Freund, dem Dichter Theodor Storm (1817-1888), Mitte Juli 1860: "Ich war im Frühjahr 1859 fünf Wochen bei ihm [Heyse]. Reizend, liebenswürdig, graziös wie immer, dabei milder, herzlicher, geltenlassender als früher. Sybel, Schack, Geibel, Lingg, Grosse sind sein Umgang. Vielleicht müßte er doch mal wieder in andern Boden; aber in welchen?"

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