Trauerzug für die im Münchner Luitpoldgymnasium erschossenen Soldaten, Anfang Mai 1919

Am 26. April nahmen radikale Anhänger der Räterepublik acht Geiseln und verbrachten sie in das Luitpoldgymnasium in der Münchner Müllerstraße. Sieben von ihnen gehörten der antisemitischen und antirepublikanischen Thule-Gesellschaft an, die im Januar 1919 an der Gründung der Deutschen Arbeiterpartei (DAP) beteiligt gewesen war. 1920 sollte aus der DAP die NSDAP hervorgehen. Mitglieder der "Roten Armee" erschossen am 30. April die Geiseln zusammen mit zwei preußischen Soldaten im Hof des Gymnasiums. Das Foto zeigt den Trauerzug für die getöteten Soldaten am Lenbachplatz Anfang Mai 1919.

Diese Mordtat hatte erhebliche Konsequenzen für die Militäraktion zur Niederschlagung der Räterepublik. Ursprünglich war geplant gewesen, München am 2. Mai einzunehmen. Als jedoch die "weißen" Regierungstruppen von dem Terrorakt hörten, wollten Teile von ihnen sofort Vergeltung üben und stürmten unkoordiniert in die Stadt. Dort, wo die Rote Armee ihre Kämpfer besonders stark konzentriert hatte, kam es nun zu schweren Gefechten mit Verlusten auf beiden Seiten. Dadurch überschätzten die Regierungstruppen ihre Gegner, deren vermeintliche Stärke ihnen nun umso mehr zur Legitimierung brutaler Racheaktionen diente.

Wie kein anderes Einzelereignis aus der Phase der Münchner Räterepubliken entwickelte sich die Geiselerschießung im Luitpoldgymnasium zu einem Mythos der antirepublikanischen Rechten in Bayern. Mit diesem sogenannten "Geiselmord" wurden später alle antirevolutionären Gewalttaten des Jahres 1919 gerechtfertigt. Während der Weimarer Republik und der NS-Zeit diente diese Tat als Propagandainstrument zur Diskreditierung der Revolutionszeit und ihrer Protagonisten.

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