Bildung von Rätegremien, November 1918

Charakteristisch für die Revolutionsereignisse im ganzen Deutschen Reich war die Bildung von Rätegremien nach Vorbild der russischen Oktoberrevolution 1917. In München hatten sich bereits am Revolutionsabend ein erster Arbeiter- und ein Soldatenrat im Mathäserbräu gebildet. Das Foto zeigt jubelnde Soldaten vor der Großgaststätte am 8. November 1918. Insbesondere der sogenannte Revolutionäre Arbeiterrat verstand sich als radikale Keimzelle der Revolution. Seine Mitglieder verfochten in den folgenden Monaten ein Rätesystem nach russischem Vorbild. Dagegen traten die Räte, die sich in den ländlichen Regionen Bayerns bildeten, überwiegend für einen raschen Übergang zu einer parlamentarischen Demokratie ein.

Schon in den Tagen unmittelbar nach dem politischen Umsturz waren in den größeren Städten, aber auch in kleineren Gemeinden Bayerns Räte entstanden. Mit eigenen Verordnungen der Revolutionsregierung wurde dies im Laufe des Novembers und Dezembers 1918 verpflichtend gefordert und die Kompetenzen der Räte geregelt. In vielen Kommunen bildeten sich nun Bürger-, Bauern- oder Volksräte. Diese sollten demokratisch gewählt werden und wiederum Vertretungen auf Ebene der heutigen Landkreise entsenden. Auf Landesebene bestanden ein Landessoldatenrat, ein Landesarbeiterrat und ein Landesbauernrat, der allerdings nicht gewählt wurde, sondern sich aus Mitgliedern des Bayerischen Bauernbunds rekrutierte. Die Landesrätegremien waren vollumfänglich im Provisorischen Nationalrat vertreten.

Über die Zuständigkeiten der Räte bestanden innerhalb der Revolutionsregierung unterschiedliche Auffassungen. Während Kurt Eisner (1867-1919) die Räte als "Pflanzschulen" der Demokratie begriff, trat Innenminister Erhard Auer (1874-1945) für eine strikte Begrenzung ihrer Rechte ein. Echte Überwachungs- oder gar Eingriffsrechte gegenüber den Behörden sollten ihnen auf keinen Fall zugestanden werden, um nicht die Versorgung mit Lebensmitteln weiter zu gefährden.

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