Vorgeschichte: Die Konstitution vom 20. April 1808

Das Kurfürstentum Bayern erlebte seit dem Regierungsantritt Maximilian IV. Josephs (1756–1825) 1799 eine tiefgreifende Umgestaltung der politisch-sozialen Ordnung. Sie fügte sich in eine Phase der deutschen und europäischen Geschichte, die in beschleunigtem Wandel den Übergang von der Welt Alteuropas zur Moderne durchlief. In diesen Kontext gehört die bayerische Konstitution von 1808, die fast alle Reformen der Jahre 1799 bis 1807 in ein System brachte. Ergänzt und fortgebildet durch die Organischen Edikte von 1808/09 sowie einige spätere Gesetze bildete die Konstitution die Rahmenordnung für die weitere Transformation von Staat und Gesellschaft bis zur Verfassung von 1818.

Die Ausarbeitung einer neuen rechtlichen Rahmung der staatlichen Verhältnisse war erforderlich geworden, nachdem 1807, bald nach dem Ende des Alten Reiches, den Ständen die selbstständige Erhebung und Verwaltung der Steuern entzogen worden war. Damit war die Landschaft als politische Körperschaft überflüssig geworden, ständisch-provinzielle Sonderrechte wurden nicht mehr geduldet. Der Staat befand sich in einer neuen Position, die rechtlich zu fixieren war. Der bayerische König wies daher seinen Minister Maximilian von Montgelas (1759–1838) im Juni 1807 an, in Abstimmung mit den Experten in den Ministerien einen Verfassungsentwurf zu formulieren.

Ein weiterer Anstoß zur Ausarbeitung einer Konstitution ergab sich aus der außen- bzw. bündnispolitischen Situation Bayerns, das seit 1806 Mitglied des unter französischer Kontrolle stehenden Rheinbunds war. Durch die Ausarbeitung einer eigenen Verfassung wollte man den Plänen Napoleons, den Rheinbund durch ein Grundgesetz zentralistisch zu organisieren, zuvorkommen. In der Sitzung des obersten, den König und die Minister zusammenführenden Beratungs- und Entscheidungsgremiums, der Geheimen Staatskonferenz, genehmigte der König am 20. Januar 1808 den Antrag seines Ministers Montgelas, auf der Grundlage der Konstitution für das Königreich Westphalen eine Konstitution für das Königreich Bayern zu entwerfen. Die Begriffe Konstitution und Verfassung wurden von den Zeitgenossen in der Regel synonym verwendet.

Die Arbeiten schritten rasch voran, sodass zum 1. Mai die „Konstitution für das Königreich Baiern“ verkündet werden konnte. Sie war nicht als abschließendes Regelwerk konzipiert, sondern legte, wie der König am Ende des Textes formulieren ließ, „die Grundlagen der künftigen Verfassung Unsers Reichs“ fest, die als Ganzes am 1. Oktober 1808 in Kraft treten sollte.