Neben einer Unzahl von Pamphleten und Gelegenheitsschriften, die ohne größeren Anspruch das Andenken Ludwig II. feierten, erschienen schon recht früh einzelne ernsthafte Auseinandersetzungen mit dem Leben und Scheitern des bayerischen Königs. Hier sei allen voran der zu seiner Zeit gefeierte Schriftsteller Karl August von Heigel (1835-1905) zu nennen, der schon 1893 eine ansehnliche biographische Skizze Ludwigs veröffentlichte. Aber auch andere Schriftsteller, vom liberalen Pfarrer Friedrich Lampert (1829-1902) bis zum Hofbeamten Gottfried von Böhm (1845-1926), legten schon früh respektable Darstellungen vor.
Der Beginn moderner wissenschaftlicher Betrachtung Ludwig II. ist freilich erst mit dem Namen Michael Doeberl (1861-1928) verbunden. Doeberl, einer der Ahnherren der modernen bayerischen Landesgeschichte und einer der profiliertesten Historiker seiner Zeit, unterzog die politische Geschichte Ludwigs in verschiedenen Schriften einer gründlichen Analyse, die in weiten Teilen bis heute Bestand hat.
Eine umfassende wissenschaftliche Biographie König Ludwig II. ist bis heute ein Desiderat.
Unter den ersten Monographien zum Leben König Ludwig II. ragen vor allem drei heraus, deren Anspruch - trotz weitgehender Mißachtung wissenschaftlicher Arbeitsweisen - weit über die meisten Gelegenheitsschriften der Zeit herausragen.
1890 legte der fränkische Pfarrer und Landtagsabgeordnete Friedrich Lampert (1829-1902) die wahrscheinlich erste größere Biographie Ludwig II. vor. Lampert, der sich bereits vorher als Regionalschriftsteller einen gewissen Namen gemacht hatte, betrachtet darin das Leben des Königs aus einem dezidiert kleindeutsch-protestantisch ausgerichteten Standpunkt heraus. Hinter dem menschlichen und politischen Scheitern des Königs vermutet er den schädlichen Einfluß Richard Wagners; zeitgebunden mutet sein negatives Urteil über die Konversion von Ludwigs Mutter Königin Marie (1825-1889) zum katholischen Glauben (1874) an.
Gottfried Ritter von Böhm (1845-1926), der seit 1871 im bayerischen Staatsdienst - unter anderem im Ministerium des Äußeren, ab 1907 als bayerischer Ministerresident in der Schweiz - stand, legte erstmals 1922 seine Biographie über König Ludwig II. vor, der er 1924 eine stark erweiterte Neuausgabe folgen ließ. Böhm, der ab 1898 auch dem Geheimen Hausarchiv der Wittelsbacher vorstand, konnte sich bei seiner Biographie sowohl auf Archivalien, als auch auf eigene Erinnerungen und Gespräche mit Zeitzeugen stützen. In seiner Biographie nimmt er oft die Position eines loyalen Hofbeamten ein, dennoch stellt seine Biographie bis heute die genaueste unter den umfangreicheren Darstellungen des Königs dar, auch wenn zahlreichen Details durch moderne Forschungen Korrekturen erfahren haben.
Der Kunst- und Kulturwissenschaftler Georg Jacob Wolf (1882-1936) publizierte erstmalig 1922 seine Darstellung zu Ludwig II. Anders als Böhm oder Lampert versucht er, die Tragödie des Königs aus dessen Zeit heraus zu deuten. Das populär gehaltene Buch, das 1926, vielleicht als Reaktion auf die Neuauflage der Böhm'schen Biographie, in einer erweiterten Neuauflage erschien, wurde ein großer publizistischer Erfolg und trug zur anhaltenden Begeisterung für Ludwig II. während der Zeit der Weimarer Republik bei.
Friedrich Lampert
Ludwig II.
König von Bayern.
Ein Lebens-Bild
München [1890]
Zum Digitalisat
Gottfried von Böhm
Ludwig II. König von Bayern.
Sein Leben und seine Zeit
Zweite, vermehrte Auflage
Berlin,1924
Zum Digitalisat
Georg Jacob Wolf
König Ludwig II. und seine Welt
Zweite vermehrte Auflage.
München, 1926
Zum Digitalisat
Der gebürtige Oberpfälzer Michael Doeberl (1861-1928) war als Nachfolger Sigmund von Riezlers (1843-1927) ab 1917 zweiter Ordinarius des Lehrstuhls für Bayerische Landesgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Doeberl setzte seine Forschungsakzente noch mehr als sein Vorgänger auf eine dezidiert bayerische Landesgeschichte; 1927 wurde er erster Vorsitzender der neugegründeten Kommission für bayerische Landesgeschichte an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Als Krönung seiner Forschungen gilt die dreibändige "Entwicklungsgeschichte Bayerns", die das Bindeglied zwischen der unvollendeten "Geschichte Baierns" Riezlers und dem bis heute gültigen "Handbuch der Bayerischen Geschichte" steht, das von Doeberls Schüler Max Spindler (1894-1986) begründet wurde. Als Forschungsleistung eines Historikers zur Landesgeschichte seiner Region bleibt es bis heute eine herausragende Leistung. Der Hauptaugenmerk liegt dabei auf der politischen Geschichte Bayerns.
Neben dem dritten Band der "Entwicklungsgeschichte" setzte sich Doeberl noch in weiteren Arbeiten mit der Regierung Ludwig II. auseinander, vor allem in seiner Schrift "Bayern und die Bismarckische Reichsgründung". Er bewertet den König zwar sachlich, aber aus seiner Zeit heraus tendenziell negativ.
Michael Doeberl
Entwickelungsgeschichte Bayerns
Erster Band
Von den ältesten Zeiten bis zum Westfälischen Frieden
München, 1906
Zum Digitalisat
Michael Doeberl
Entwickelungsgeschichte Bayerns
Zweiter Band
Vom Westfälischen Frieden bis zum Tode König Maximilians I.
München, 1912
Zum Digitalisat
Michael Doeberl
Entwicklungsgeschichte Bayerns
Dritter Band
Vom Regierungsantritt König Ludwigs I. bis zum Tode König Ludwigs II. mit einem Ausblick auf die innere Entwicklung Bayerns unter dem Prinzregenten Luitpold
Herausgegeben von Max Spindler
München, 1931
Zum Digitalisat
Michael Doeberl
Bayern und Deutschland
Band 2: Bayern und die Bismarckische Reichsgründung
München und Berlin, 1925
Zum Digitalisat
Repräsentativ für die wissenschaftliche Forschung seit dem Ende des 19. Jahrhunderts sind hier verschiedene Beiträge aus der Zeit von 1889 bis 2002 aufgelistet, die sich mit König Ludwig II. und dem Bayern seiner Zeit beschäftigen. Sie finden sich in den wissenschaftlichen Zeitschriften abgedruckt, die als Digitalisate in der Bayerischen Landesbibliothek Online beheimatet sind.
Ergänzend wurden auch einige Beiträge aus dem Würzburger Diözesanblatt aufgenommen, die im Zusammenhang mit König Ludwig II. stehen.
Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte
Rall, Hans
Bayern und Bismarcks Lösung der deutschen Frage
Band 22 (1959), S. 331-347
Rall, Hans
Bismarcks Reichsgründung und die Geldwünsche aus Bayern
Band 22 (1959), S. 396-497
Philippi, Hans
König Ludwig II. von Bayern und der Welfenfonds
Band 23 (1960), S. 65-111
Philippi, Hans
Studien zur Geschichte der Beziehungen Bayerns zum Deutschen Reich 1871-1914
Bismarck und die außenpolitische Vertretung Bayerns 1875-1914
Band 26 (1963), S.323-369
Rall, Hans
Ausblicke auf Weltentwicklung und Religion im Kreise Max' II. und Ludwigs II.
Band 27 (1964), S.488-522
Goppel, Alfons
Bayern und das Jahr 1866
Band 29 (1966), S.680-688
Bosl, Karl
"Die deutschen Mittelstaaten in der Entscheidung von 1866
Zur 100. Wiederkehr der Schlacht von Königgrätz"
Band 29 (1966), S.665-679
Brandmüller, Walter
Die Publikation des 1. Vatikanischen Konzils in Bayern
Aus den Anfängen des bayerischen Kulturkampfes
Band 31,1 (1968), S.197-258
Heider, Josef
Der König und sein getreuer Wachtmeister
Ein amtlicher Bericht über die letzten Tage König Ludwigs II. in Neuschwanstein 10./12. Juni 1886
Band 31,1 (1968), S.298-307
Brandmüller, Walter
Die Publikation des 1. Vatikanischen Konzils in Bayern
Aus den Anfängen des bayerischen Kulturkampfes (2. Teil)
Band 31,2 (1968), S.575-634
Weis, Eberhard
Vom Kriegsausbruch zur Reichsgründung
Zur Politik des bayerischen Außenministers Graf Bray-Steinburg im Jahre 1870
Band 33,2 (1970), S.787-810
Hesse, Horst
Behördeninterne Information über die Volksstimmung zur Zeit des liberal-ultramontanen Parteikampfes 1868/69
Band 34,2 (1971), S.618-651
Kaltenstadler, Wilhelm
König Ludwig II. von Bayern und Bismarck (1871-1886)
Persönliche und politische Beziehungen zwischen Ludwig II. und Bismarck nach der Reichsgründung
Band 34,2 (1971), S.715-728
Garner, Ernst
Die diplomatischen Verhandlungen Bayerns mit Preußen bis zum
Vertrag von Versailles am 23.11.1870
Band 36,1 (1973), S.376-387
Gruner, Wolf D.
Bayern, Preußen und die süddeutschen Staaten 1866-1870
Band 37,3 (1974), S.799-827
Weber Margot
Zum Kulturkampf in Bayern
Band 37,1 (1974), S.94-120
Reinalter, Helmut
Norddeutscher Kaiser oder Kaiser von Deutschland?
Zu Bismarcks Kaiserplan vom Jänner 1870 und zur außenpolitischen Haltung der süddeutschen Staaten
Band 39,3 (1976), S.847-882
Merta, Franz
König Ludwig II. und der Mobilmachungsbefehl von 1870
Eine Richtigstellung irritierender Augenzeugenberichte
Band 48 (1985), S.689-717
Merta, Franz
König Ludwig II. im Spiegel der Neuerscheinungen zum 100. Todestag.
Ein kritischer Literaturbericht
Band 49 (1986), S.719-743
Gollwitzer, Heinz
Fürst und Volk
Betrachtungen zur Selbstbehauptung des bayerischen Herrscherhauses im 19. und 20. Jahrhundert
Band 50 (1987), S.723-747
Albrecht, Dieter
König Ludwig II. von Bayern
Band 50 (1987), S.153-166
Merta, Franz
Die Tagebücher König Ludwig II. von Bayern
Überlieferung, Eigenart und Verfälschung
Band 53 (1990), S.319-396
Löffler, Bernhard
Stationen parlamentarischen Wandels in Bayern
Band 58,2/3 (1995), S.959-989
Glaser, Hubert
Ludwig II. und Ludwig III.
Kontraste und Kontinuitäten
Band 59,1 (1996), S.1-14
Schieckel, Harald
"Griechisch-bayerische Angelegenheiten"
Die Briefe des oldenburgischen Regierungsrates Günther Jansen aus Bamberg und München 1868/69 und sein späterer Bericht über seine Sendung zu Königin Amalie von Griechenland und König Ludwig II. von Bayern
Band 63,1/2 (2000), S.54-80
Hacker, Rupert
König Ludwig II., der Kaiserbrief und die "Bismarck'schen Gelder"
Band 65,3 (2002), S.911-990
Jahrbuch für fränkische Landesforschung
Götschmann, Dirk
Zwischen Reform und ReaktionDie bayerische Bürokratie im 19. Jahrhundert Band 59 (1999), S.231-241
Jahrbuch des historischen Vereins Dillingen an der Donau
Layer, Adolf
Wilhelm Bauer und König Ludwig II. von Bayern
Band 71 (1969), S.145-147
Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg
Deuerlein, Ernst
Die Waffenruhe von Gräfenberg 1866
Eine Gedenkansprache
Band 55 (1967/68), S.373-383
Sammelblatt des historischen Vereins Ingolstadt
Ostermair, Franz Xaver
Könige aus dem Hause Wittelsbach
Band 14 (1889), S.167-299
Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg
Schenz
Die Verdienste der Wittelsbacher um die Geschichte in älterer und neuerer Zeit
Ansprache in der Festversammlung des historischen Vereines am 10. März 1891
Band 44,2 (1891), S.231-S.240