Codex Falkensteinensis

Bayerisches Hauptstaatsarchiv

Beschreibung

Unter den überlieferten Traditionsbüchern nimmt der Falkensteiner Codex eine ganz besondere Stellung ein. Er enthält nicht nur das einzige Traditionsbuch eines Adelsgeschlechts, sondern auch das älteste Einkünfteverzeichnis einer weltlichen Grundherrschaft, ein Lehenverzeichnis und weitere Aufzeichnungen, die nicht unbedingt in einem Traditionskodex zu erwarten sind.

Graf Siboto von Falkenstein machte im Sommer 1166 vor seinem Aufbruch zum vierten Italienzug Kaiser Friedrich Barbarossas (gest. 1190) sein Testament. Er traf Vorkehrungen für den Fall, dass er nicht zurückkehren sollte, um Eigentum und Stellung seiner Familie abzusichern. Besonderen Wert legte er auf die Niederschrift des sog. Hantgemals, des Stammgutes der Familie in Geislbach (Lkr. Erding), das die volle Freiheit seines Geschlechts beweisen sollte. Außer dem Stammsitz hatte die Familie auch Besitzungen im Chiemgau, im Sundergau und im Unterinntal. Als die Familie um die Mitte des 13. Jahrhunderts ausstarb, fiel ihr Erbe an die Wittelsbacher.

Die Handschrift entstand im Stift Herrenchiemsee, dessen Vogt Siboto von Falkenstein war und wurde später über Jahrhunderte hinweg in Weyarn, dem Hauskloster der Grafen von Falkenstein, aufbewahrt.

Eine weitere Besonderheit des Codex sind die farbigen Miniaturen und Randillustrationen. Die bekannteste Miniatur befindet sich am Beginn des Bandes und zeigt den Urheber der Handschrift mit seiner Familie. Die Randzeichnungen illustrieren die im Codex aufgeführten Abgaben, symbolisieren aber auch rechtsgeschichtliche Vorgänge.

Literatur

Elisabeth Noichl, Codex Falkensteinensis. Die Rechtsaufzeichnungen der Grafen von Falkenstein (Quellen und Erörterungen zur bayerischen Geschichte N.F. 29), München 1978.

Peter Johanek, Zur rechtlichen Funktion von Traditionsnotiz, Traditionsbuch und früher Siegelurkunde. In: Recht und Schrift im Mittelalter (Vorträge und Forschungen Bd. 23), Sigmaringen 1977, S. 152-153.

Werner Rösener, Codex Falkensteinensis. Zur Erinnerungskultur eines Adelsgeschlechts im Hochmittelalter. In: Ders. (Hg.), Adelige und bürgerliche Erinnerungskulturen des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit (Formen der Erinnerung 8) Göttingen 2000, S. 35-55.