Prunkschreibtisch mit Aufsatz in der Residenz München, Trierzimmer, Südliches Vorzimmer, R.49

Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen

Beschreibung

Dass dieses Möbel ein Schreibtisch ist, lässt sich auf den ersten Blick nicht vermuten. Wenn es auch mehr einem Kabinettschrank ähnelt, birgt der Tischkasten, der von zwei Herkules-Hermen gestützt wird, in der oberen Schublade eine Schreibplatte. Diese wird sichtbar, indem der Deckel der Schublade aufgeschoben und durch die ausgeklappte Zarge zur Tischplatte verlängert wird. Die untere Schublade weicht gekehlt zurück, um für die Knie des Schreibenden Platz zu lassen.

Der hohe Kastenaufsatz gliedert sich rechts und links symmetrisch, in zwei mal drei größere und kleinere Schubladen. Letztere springen mit dem Mittelteil, einem von einer Tür verschlossenen Schränkchen, etwas zurück.

Dieser Prunkschreibtisch ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Glanzstück. Der Schimmer des rot unterlegten Schildpatts konkurriert mit dem Glitzern des Perlmutts und dem Funkeln der Edelmetallmarketerie und entspricht ganz und gar dem Stand des Auftraggebers. Max Emanuel, dessen Monogramm sich an der Rückwand befindet und der das Möbel während seiner Statthalterschaft in den spanischen Niederlanden (1692-1701) bestellte, wollte damit offensichtlich dokumentieren, dass auch er am Glanze des Sonnenkönigs Ludwigs XIV. teil hatte, den er während dieser Zeit getroffen hatte.

Innen:

Dieses Foto zeigt das vielfältige Innenleben des auf den ersten Blick kabinettschrankartig erscheinenden Möbels. Aus dem, von Herkules-Hermen gestützten Kasten erscheint nicht nur durch Zurückschieben des Deckels und Aufklappen der Zarge, die mit grünem Samt ausgelegte Schreibplatte; es eröffnen sich viele kleine Schublädchen, selbst dort in den wenig tiefen Wangen.

Ihre große Vielzahl wird jedoch bisweilen nur vorgetäuscht, denn was wie zwei Schubladen aussieht, ist in Wirklichkeit eine.

Das Mittelgelass stellt in Boulletechnik neben dem kurbayerischen Wappen, Minerva und Herkules dar, die auf Max Emanuel als Held in den Türkenkriegen anspielen, so wie die Ikonographie des gesamten Möbels mit Waffentrophäen, gefesselten Türken und aufgespießten Türkenköpfen auf die kriegerischen Erfolge des Kurfürsten 1688 abhebt.

Die Vielfältigkeit der Unterbringungsmöglichkeiten ist noch nicht zu Ende. Der Betrachter wundert sich wohl, weswegen die Innenseite des Deckels der gekehlten Attika so reich mit einem Palmettenfries verziert ist. Dieses Dekor wird nämlich erst sichtbar, wenn mittels Federdruck vom Mittelgelass aus, die Abdeckung aufspringt und ein dreiteiliges Geheimfach freigibt.

Autor

Sabine Seibert

Rechtehinweis Beschreibung

CC BY-NC-SA 4.0