Reformatorische Bildfolge in der Schlosskapelle Neuburg an der Donau, 1543

Der spätmittelalterlichen Tradition folgend beginnen die reformatorischen Bildfolgen zur Erläuterung der zehn Gebote mit einer Darstellung der Anbetung des Goldenen Kalbs. In der Schlosskapelle Neuburg wird dieser bildliche Auftakt des lutherischen Katechismus als Beginn der Bilderreihe der Südseite des Emporengeschosses gewählt.

Wie in den Katechismus-Illustrationen von Lucas Cranach d. Ä. (1472-1553) ist die Anbetung des auf einer hohen Säule platzierten Götzenbildes als ein Reigentanz von Paaren dargestellt. Doch verändert der Künstler, Hans Bocksberger d. Ä. (gest. 1561), die altdeutschen Gewänder der druckgraphischen Vorlagen durch ein von der Antike inspiriertes Kostüm mit stark exotischem Einschlag.

Im Hintergrund des Tanzes wird simultan der Empfang der Gesetzestafeln durch Moses und sein Zerschlagen derselben im Zorn über die Missachtung der göttlichen Gebote durch das ungehorsame Volk gezeigt. Das Zerbrechen der Tafeln wurde in den programmatischen Darstellungen der protestantischen Rechtfertigungslehre als Scheitern des Menschen am Gesetz interpretiert. Als Gegenbild zur alleinigen Errettung durch die göttliche Gnade erscheint es in der Schlosskapelle zu Seiten des Wandgemäldes mit der Anbetung der Ehernen Schlange.

Im Rundbild über der alttestamentarischen Szene ist die erste der zehn Ägyptischen Plagen dargestellt. Moses verwandelt mit seinem Stab das Wasser des Nils für sieben Tage in Blut. Neben ihm steht der ungläubige Pharao, dessen Herz Moses durch die Plagen erweichen soll.

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